Mit dem Jeep im "Backcountry" auf der Suche nach Hobbits und Elben
eine Reportage von Eline Bakker
Queenstowns hoher Entertainment-Faktor und exzellente Infrastruktur machen es leicht zu vergessen, dass die Stadt, wie so viele Orte Neuseelands, von relativ unbewohnter und ungeschundener Natur umgeben ist. Neben der Abenteuersportindustrie entdeckte auch Peter Jackson diesen Fakt für sich, als er vor etwa 15 Jahren gemeinsam mit seinem Team begann, Drehorte für die bekannteste Filmtriologie Neuseelands auszusuchen. So ist es nicht weiter erstaunlich, dass sich rund um Q'town zahlreiche wohlbekannte Landschaften aus „The Lord of the Rings“ finden lassen.
Mit Offroad Adventures auf den Spuren Peter Jacksons
Offroad Adventures, enthusiastisch geführt von einer einheimischen Familie, bietet neben Quad- und Motorradtouren auch 4WD-Ausflüge per Jeep in die „Backcountry“, auf den Spuren des "Herrn der Ringe". So gibt es unter anderem eine Tour nach Glenorchy und Paradise und die "Discover the Rings - Wakatipu 4x4"-Tour, der ich mich heute anschließen werde.
Nachdem mich Fahrer Martin an meinem Hostel aufgesammelt hat, geht es in Richtung Süden, zu den „Remarkables“, deren beeindruckende Silhouette in diversen Szenen als Kulisse für Filmaufnahmen diente. Auch die nahe gelegenen Deer Park Heights; ein grasbewachsener Hügel, in direkter Umgebung von Frankton und Queenstown selbst, spielt besonders im zweiten Teil der Trilogie, "The Two Towers", diverse Male eine Rolle.
Um so erstaunlicher – und ein wahres Kompliment an die Filmmacher und die Wandelbarkeit Neuseelands – ist es deshalb, dass niemandem aus unserer Tourgruppe jemals aufgefallen war, dass die Gefährten, das Volk Rohans, Aragorn und Arwen allesamt früher oder später an der gleichen Bergkette vorbeireiten, -wandern oder taumeln.
Unterstützt von kurzen Filmschnipseln und vielen Anekdoten über die Jahre, die das „Herr der Ringe“-Team letztlich in und um Queenstown verbracht hat, bringt Martin den Prozess der Dreharbeiten in einer vierstündigen Tour zum Leben. Während „Red Baron“, unser geländetauglicher Untersatz, uns sicher über Straßen, Schotterpisten und durch unherbergsames Gelände fährt, werden wir bestens mit Fakten, Legenden, Lachern und atemberaubenden Aussichten unterhalten.
So erfahren wir, dass die Statuen der Argonath tatsächlich (als einige Meter hohe Modelle) gebaut und mittels durchdachter Tricktechnik direkt neben Neuseelands wohl bekanntester Bungybrücke am Kawarau River platziert wurden. So wurde aus einem eher bescheidenen Flusslauf im Film der beeindruckende Strom, den die Gefährten mit ihren Kanus hinab paddeln.
Dass manche der Schauspieler den Sprung gewagt haben, ist übrigens auch überliefert. Adrenalinjunkie „Legolas“ Orando Bloom hat sich im Zuge seiner Neuseelandaufenthalte sogar vom 134m hohen „Nevis Bungy“ gestürzt und sich drehfreie Tage mit Skydiving und Snowboarden in Queenstowns Umgebung vertrieben.
Filmcrew-Tricksereien und echte Goldgräber
Beim historischen Goldgräberstädtchen Arrowtown biegen wir von der Hauptstraße ab und folgen dem Arrow River flussaufwärts – mitten durch den Flusslauf hindurch. Und weil wir nun einmal in Neuseeland sind, treffen wir unterwegs auf echte Goldgräber, jugendliche Mountainbiker und abenteuerlustige Kletterer.
Nur Arwen treffen wir nicht, dabei ist die Szenerie unverkennbar. Hier ist der Drehort für den Bruinen-Ford, an dem die Elbin ihre Vorfahren beschwört, die Ringgeister durch eine Flut in ihr (vorübergehendes) Verderben zu reißen.
Beim Lunch mit Kaffee, Tee und Sandwiches erfahren wir, wie ein paar ausreitende Schulschwänzerinnen an dieser Stelle ihren Platz in der Filmgeschichte erobert haben, warum die Filmcrew auf Schnorcheleinkauf gehen musste, um die Ringgeister realistischer wirken zu lassen und weshalb Liv Tyler während der Dreharbeiten statt auf echten Pferden ausschließlich auf Fässern geritten ist.
Im Anschluss an die Mittagspause werden wir auf einer spaßigen 4WD-Etappe durch sandig-felsiges Gelände ordentlich durchgeschüttelt. Unser nächstes Ziel ist Skippers Canyon. Hier sind wir im echten „Backcountry“. Die steile Felslandschaft mit ihren zerklüfteten Gipfeln und Schluchten ist nahezu unbewohnt, nur spärlich bewachsen und zweifelsohne zutiefst beeindruckend.
Der bewölkte Himmel trägt zur unbestreitbaren Magie der Landschaft bei, so dass man sich problemlos eine Horde Orks hinter dem nächsten Gebüsch vorstellen kann. Kein Wunder, dass hier viele Helikopteraufnahmen für den „Herrn der Ringe“ und weitere für die „Hobbit“-Trilogie entstanden sind.
Auf dem Rückweg legen wir noch einen kurzen Stopp am Aussichtspunkt von Coronet Peak ein. Obwohl ich den Berg sehr gut kenne, nimmt mir der Rundblick über Lake Hayes, die Remarkables und Lake Wakatipu wieder einmal den Atem. Oh wie schön ist Pan... ähm, Neuseeland!
Um viele beeindruckende Fotos und zahlreiche Anekdoten aus Mittelerde reicher, kommen wir gegen Mittag wieder in Queenstown an.
Peter Jackson verstehe ich übrigens nach dem heutigen Tag um so besser - denn würde ich ein Fantasy-Epos drehen, so wäre Neuseeland auch für mich erste Wahl!
Informationen zu dieser Tour
In Queenstown gibt es mehrere Veranstalter, die "Lord of the Rings" Jeeptouren anbieten. Die hier beschriebene Tour ist die 4-stündige "Discover the Rings - Wakatipu 4x4"-Tour von Offroad Adventures, die mittlerweile leider nur noch als "Private Tour", also als Tour für eine private Gruppe angeboten wird.
Andere Anbieter in Queenstown (siehe unten) bieten jedoch sehr ähnliche, gute Touren an.